Bienen bewohnen die Villa Kunterbunt
Die Erzabtei Beuron liegt im Oberen Donautal, gar nicht weit von Sigmaringen, in einem Landschaftsschutzgebiet. Sie hat zwar einen eigenen Bahnhof und wird übers Jahr von vielen Pilgern und Wallfahrern besucht, für die es ein eigenes Hotel gibt. Doch davon abgesehen kann man sich kaum eine ruhigere und beschaulichere Lage für ein Kloster vorstellen. Die
noch schmale Donau umfließt es in großem Bogen, ringsum steigen die Felsen steil und malerisch an, und das ist eine ideale Voraussetzung für eine große Anzahl verschiedenster Kräuter und Pflanzen – und damit zur Bienenhaltung.
Man meint zunächst, eine Villa Kunterbunt zu entdecken, wenn man das Bienenhaus im Klostergarten wahrnimmt. Dieser Nutzgarten dient den Mönchen zur Selbstversorgung, und auch die Pflanzen zur Weiterverarbeitung in Form von Kräuterextrakten wie Ringelblumen oder Artischocken zieht Bruder Felix dort. Doch das Bienenhaus am Rand des Gartens ist das Reich von Bruder Siegfried. Als ich ihn frage, ob es ihm schwergefallen sei, sich an den Umgang mit Bienen zu gewöhnen, meint er voller Überzeugung:
„Überhaupt nicht. Ich habe Tiere aller Art immer schon heiß geliebt. Zu Hause hatten wir eine kleine Landwirtschaft – mein Vater war ein kleiner Postbeamter – und so war ich von Kindheit an gewohnt, mit Tieren umzugehen. Bienen gab es beim Nachbarn, und die haben mich schon damals besonders interessiert. Und es ist ganz einfach: Wer mit einer Kuh umgehen kann, der kann auch mit Bienen umgehen.“
Da ich selbst längere Zeit Imker war, musste ich schmunzeln, als ich das hörte, und überlegte bei mir: Was ist schwieriger, sich vor den Hörnern der Kuh zu schützen oder vor den Stacheln der Bienen?
„Doch am Anfang“, gibt der 78-jährige, drahtige und aktive Mönch zu, „da war es schon eine Schinderei Tag und Nacht, denn ich musste quasi von heute auf morgen die Imkerei übernehmen, als der damalige Klosterimker Bruder Luitfried starb. Er war Imkermeister, und ich hatte ihm schon zuvor geholfen, aber dann stand ich plötzlich mit den Bienen allein da.“
Immerhin ging es um 40 Bienenvölker, und wohl jeder, der mit dem Imkern begonnen hat, kann sich noch gut erinnern, wie viel Arbeit der Start mit vielleicht zwei oder drei Völkern seinerzeit machte.
„Die Bienen gibt es jetzt 100 Jahre in Beuron, damals auch bis zu 100 Völker. Heute sind es noch etwa 15, im Bienenhaus und auf einem weiteren Außenstand. Aber im Haus sind die Bienen ruhiger, da arbeite ich am allerliebsten. Zumal ich dort auch Bildnisse der Imkerpatrone habe: Johannes der Täufer, Ambrosius von Mailand und Bernhard von Clairvaux. Meist arbeite ich allein, denn leider haben alle, die ich angelernt habe, später das Kloster wieder verlassen.“
Doch Bruder Siegfried ist kein Eigenbrötler. Er pflegt einen regen Austausch mit Kollegen des Bezirksimkervereins Sigmaringen und ist immer auf dem Laufenden. „Am meisten lernt man von anderen Imkern, nicht aus der Theorie“, sagt Bruder Siegfried, in dem immer noch der Wunsch ist, wenn er denn jünger wäre, eine richtige Ausbildung zum Imkermeister machen zu können.