Im St. Galler Klosterplan (um 820), einer idealisierten Zeichnung eines Musterklosters, sind mehrere Gartentypen eingezeichnet: Kreuzgarten, Heilkräutergarten, Gemüsegarten und Obstbaumgarten. Letzterer ist gleichzeitig der Klosterfriedhof. Mit Ausnahme des Kreuzgartens gibt der St. Galler Klosterplan genaue Auskunft über die Gartenbepflanzung (vgl. Schedl 2014, 123–134). Dabei fällt auf, dass eine Mischkultur vorgeschrieben ist. Beispielsweise sind im Heilkräutergarten neben Salbei und Fenchel auch Zierpflanzen wie die Rose und Gewürze wie Rosmarin und Pfeffer vorgesehen. Im Gemüsegarten sollen – nach heutigem Verständnis – sowohl Gemüse- (z.B. Zwiebeln und Schalotten) als auch Gewürz- (z.B. Schwarzkümmel) und Krautpflanzen (z.B. Petersilie und Dill) angebaut werden. Im Obstbaumgarten wachsen neben heimischen Bäumen auch südländische, wie die Feige.
Dem in Versform 24 Heilpflanzen aufführende Gedicht hortulus (um 840) vom Abt des Klosters Reichenau, Walahfrid Strabo (808/9–849), wird besondere Bedeutung beigemessen. Es herrscht Einigkeit darüber, dass die meisten Pflanzenarten des hortulus tatsächlich angebaut werden (vgl. Roth 2009, 50). Die Anordnung der Pflanzen im hortulus gilt als Vorlage für heutige, dem mittelalterlichen Heilkräutergarten nachempfundene Kräutergärten. Beachtenswert sind die Parallelen zu den Gärten des St. Galler Klosterplans. In der Abbildung links sind jene Hochbeete hell unterlegt, die mit dem Heilkräutergarten des St. Galler Klosterplans übereinstimmen. Die dunkelgrauen Hochbeete sind Pflanzen, die im Klosterplan für den Gemüsegarten bestimmt sind und die gelbmarkierten Hochbeete markieren jene Pflanzen, die nur im hortulus erwähnt werden.