Bildung
Aus der Tradition schöpfen
Da Klosterleben ein bewusstes, gestaltetes Leben ist, kann es ohne Bildung nicht gedacht werden. Dabei ist klösterliche Bildung umfassend zu verstehen. Erst einmal ist damit gemeint die Aneignung der Tradition, das Wissen um die Bedingungen der eigenen Lebensweise. Bildung ist wesentlich Bewusstsein. Klosterleute möchten auf die Frage, warum sie so leben, wie sie leben, eine stimmige Antwort geben können. Deshalb sind auch schon in der Benediktusregel das Lesen und Vorlesen sehr zentral und finden sogar beim Essen statt. Aber es geht dabei nicht um Bildung als Selbstzweck, um das Anhäufen von Faktenwissen, sondern um ganzheitliches Menschsein. Zudem bieten Klöster mit ihrem Schutzraum und der Arbeitsteilung ideale Voraussetzungen, einen intensiven und lebenslangen Bildungsweg zu beschreiten, und zwar auch über im engeren Sinne klösterliche Bildung hinaus.
Unzählige Zeugnisse davon haben Klöster hervorgebracht in Theologie, Philosophie, Literatur, Kunst, Naturwissenschaften und praktischen Künsten, Handwerk und Ackerbau… Im Kloster kann der Freiraum, den die Lebensweise bietet, hervorragend zu Bildung und Entfaltung von Talenten genutzt werden. Gleichzeitig setzt das Kloster dem Streben nach Bildung auch Grenzen, zum Beispiel durch den Vorrang des Gottesdienstes. An unsere Zeit stellt das klösterliche Bildungsideal viele Anfragen nach Stellenwert und Funktion der Bildung: Geht es um immer besseres Verstehen der Welt und unseres Menschseins oder um Macht, wirtschaftlichen Einfluss und Prestige?