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Verlorene Zeit?

Warten gehört zu unserem Alltag. Wir stehen im Stau und warten darauf, dass wir endlich weiterfahren können. Wir stehen am Bahnsteig und warten auf verspätete Züge. Bei Ärzten und Institutionen gibt es sogar eine Einrichtung namens Wartezimmer. Hier versammelt sich – meistens im Schweigen – die Zahl der Wartenden, und nur ab und zu hört man ein Seufzen, wie lange das denn noch dauern wird. Andere blättern desinteressiert in Illustrierten.

Warten in diesen Kontexten scheint sich also schnell mit einem Gefühl von Überdruss zu verbinden. Wir sind den Zeitplänen anderer ausgesetzt und können wenig daran tun.

Warten scheint aber auch zum Leben in dieser irdischen Dimension dazuzugehören – wie das Atmen und der Herzschlag. Gerne würden wir das Warten vermeiden und das oft unerträgliche Gefühl der Ohnmacht umgehen, das sich dabei auf uns legt. Leider scheint das in der linearen Zeit, in der wir unser Erdenleben verbringen, nicht machbar. Es gibt immer ein Vorher und ein Nachher. Dazwischen vielleicht und hoffentlich Augenblicke der Erfüllung.

Der heilige Benedikt zitiert im Prolog seiner Regel den Römerbrief (13,11): „Stehen wir also endlich einmal auf! Die Schrift rüttelt uns wach und ruft: ‘Die Stunde ist da, vom Schlaf aufzustehen.’“ Er unterscheidet also zwischen einem depressivem „Sich-Ergeben“ und einem aktiven Warten. Wir haben die Alternative selbst in der Hand: Wir können uns schlafen legen, narkotisieren und ablenken. Dann ist es schnell passiert, dass wir den Augenblick, auf den wir eigentlich warten, verpassen. Die zu überbrückende Zeitspanne wird dann zwar weniger drückend, wir spüren unsere Ungeduld nicht mehr, aber die Zeit ist vertan und das Ziel verfehlt.

Das kann uns der Advent lehren: Warten ist nichts Passives, sondern die Einladung Warte-Zeiten wach zu gestalten. Advent ist in diesem Verständnis kreative Lebenskraft des Übergangs.

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