Viele unserer Zeitgenossen sind nicht nur täglich gesättigt, sondern Lebensstil und -standard sind grundgesichert. Das geschieht durch die Erwerbsarbeit der der einzelnen und durch unsere staatlichen Sozialsysteme. Es gibt Unterschiede, dass manche Menschen über Mehr an materiellem Gestaltungsraum verfügen als andere, aber das meint nicht, dass Überleben jederzeit und grundsätzlich bedroht ist. Auch im Kloster, das ja als freiwillige Form letzte Lebensweise im Kommunismus ist, gibt es Unterschiede der Bedürfnisse, die in der gemeinsamen Lebensordnung so organisiert werden sollten, dass sie sich ergänzen und nicht stören! Das gilt auch für die Themen der Fastenzeit. Manche fasten, indem sie weniger essen – also ganz klassisch, andere verzichten auf Alkohol, wieder andere nehmen sich Dinge vor, die lange zu kurz gekommen sind. Wir werden in dieser Zeit ermutig, wesentlich zu werden.
Und obwohl wir im Kloster grundsätzlich mit allem Notwendigen versorgt sind, fühlt auch ein Mönch durchaus die Sorge, dass etwas fehlen könnte. Warum stellen sich so häufig Überdruss und Unzufriedenheit ein? Was ist es neben dem „täglich´ Brot“ wirklich, was uns am Leben erhält? – das ist nicht nur eine klösterliche oder religiöse Frage, sondern eine Herausforderung an alle Menschen.
Das Zitat im Titel dieser Betrachtungen ist eines der spannungsreichsten des Evangeliums. Jesus zitiert es aus dem Buch Deuteronomium 8,3. Dort spricht man über Gott:
„Durch Hunger hat er dich gefügig gemacht und hat dich dann mit dem Manna gespeist, das du nicht kanntest und das auch deine Väter nicht kannten. Er wollte dich erkennen lassen, dass der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern dass der Mensch von allem lebt, was der Mund des HERRN spricht.“
Der Text bezieht sich auf den 40-jährigen Weg der Israeliten raus aus der Versklavung. Diese Wanderung durch die Wüste ist eine einzige große Vertrauensübung, die Leib und Seele zugleich in den Blick nimmt. Sie spaltet den Körper des Menschen und sein seelisches Leben nicht auseinander, sondern verbindet beides auf starke Art und Weise. Der ganze Mensch wurzelt in Gott. Damit wird ein ganzheitlicher Blick gewagt, der uns aufhorchen lassen kann.