Nach der Regel des Heiligen Benedikt von Nursia, der im 6. Jahrhundert diese bedeutende Grundlage klösterlichen Lebens im Abendland schuf, sollen Mönche nicht müßig sein. Die Werke ihrer Hände (opera manuum) sollen ihnen den Lebensunterhalt bieten: »Sie sind dann wirklich Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von ihrer Hände Arbeit leben.«[1] Allerdings gilt es immer, das richtige Maß zu finden. Die Arbeit soll zwar den Lebensunterhalt des Klosters schaffen, aber der Verkauf von Produkten darf nicht auf Gewinn ausgerichtet sein: »Bei der Festlegung der Preise darf sich das Übel der Habgier nicht einschleichen. Man verkaufe sogar immer etwas billiger, als es sonst außerhalb des Klosters möglich ist.«[2]
Wenn hier vom Werk der Hände die Rede ist, so ist keineswegs in erster Linie das Handwerk im Unterschied zur Tätigkeit von Bauern gemeint. Die Regula Benedicti unterscheidet von der allgemeinen Handarbeit noch einmal Handwerker, die als artifices (Künstler) bezeichnet werden. Diese wiederum sollen »in aller Demut ihre Tätigkeit ausüben, wenn der Abt es erlaubt. Wird aber einer von ihnen überheblich, weil er sich auf sein berufliches Können etwas einbildet (…), werde ihm seine Arbeit genommen. Er darf sie erst wieder aufnehmen, wenn er Demut zeigt (…)«[3]
In erster Linie waren es Produkte der Landwirtschaft, die durch die Klosterinsassen erzeugt wurden. Fundamente klösterlicher Wirtschaft waren Getreideanbau und Viehhaltung. Ein Beispiel hierfür ist das Bild, welches das Kloster Lehnin in der Mark Brandenburg geboten hat. Hier wurden Weizen und Roggen sowie Hafer und Gerste angebaut, die Kultivierung von Mohn ist nachgewiesen, auch dem Wein- und Obstbau galt die Mühe der Klosterangehörigen[4]. Zur eigenen Versorgung mit Wolle und Häuten, aber auch um Transporte leisten zu können, diente die Haltung von Vieh. Filzschuhe wurden hergestellt, denn für nächtliche Gebete in der unbeheizten Kirche waren warme Schuhe für die Mönche erforderlich. Hieraus ergab sich bald, dass die Produkte über das Kloster hinaus einen guten Ruf besaßen, ohne dass die Produktion unmittelbar für den Markt erfolgte: »Weltliche und geistliche Herren ließen sich die begehrten Schuhwaren, darunter selbst Jagdstiefel, von ihrer Zisterze liefern. Andere beanspruchten die jährliche Abgabe von Tuch, u.a. von hochwertigem Jägertuch.«[5]
Die Klöster sollten vor allem für den eigenen Bedarf produzieren. Weil die Mönche und Nonnen in ihren Klöstern zu den Werkzeugen der geistlichen Kunst zählten, enthaltsam zu leben und sich nicht den Genüssen der Speisen hingeben sollten, blieb es nicht aus, dass sie Überschüsse erwirtschafteten. Der französische Historiker Georges Duby (1919–1996) fasste die wirtschaftliche Tätigkeit der Zisterzienser mit den Worten zusammen:
»Von all den Fellen, Häuten, Balken, Roheisenbarren, Schuhen, verwendeten sie nur einen winzigen Teil für sich. Den Rest verkauften sie. Die Regel des heiligen Benedikt untersagte das nicht. Die vom Generalkapitel des Ordens erlassenen Bestimmungen erlaubten den Ordensleuten, auf die Märkte zu gehen, um Salz und andere unentbehrliche Waren zu kaufen, vor allem aber, um dort den Überschuss an Erzeugnissen gegen Geld zu tauschen. Die Zisterzienserabteien konzentrierten sich mehr und mehr auf den Handel, ersuchten ab 1140 die Herren der Straßen, Flüsse und Brücken wiederholt um Befreiung vom Wegegeld und gründeten Lagerhäuser an den Umschlagplätzen.«[6]
Diese Lagerhäuser waren Höfe in Städten mit gut etablierten Märkten, wo die Klöster ihre Produkte anbieten konnten. Solche Klosterhöfe in den Städten besaßen in der Regel mehrere Gebäude: Neben einem Wohnhaus auch Speicherbauten. Bei diesen Höfen war jedoch vor allem wichtig, dass sie sich durch besondere Freiheiten von den sonstigen städtischen Wohnplätzen unterschieden. Von städtischen Abgaben und der städtischen Gerichtsbarkeit waren sie befreit. Auch von ständigen Pflichten wie einem Beitrag zur Wache auf den Mauern und an den Toren der Stadt waren diese Höfe befreit. Dafür musste aber an die Stadt oft ein pauschaler Beitrag geleistet werden. Für die Klöster der Zisterzienser waren Stadthöfe oft lebensnotwendig: »Sie dienten ihnen nicht wie die Stadthöfe mancher anderen kirchlichen Institutionen nur oder vorzugsweise als Absteigequartiere (für Bischof oder Abt), sondern sie waren vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht nahezu unentbehrlich. Angesichts der großen Zahl von Zisterzienserklöstern, die im 12. und 13. Jahrhundert gegründet wurden, bildete zu Beginn des 14. Jahrhunderts der zisterziensische Klosterhof einen üblichen Bestandteil einer großen bis mittelgroßen deutschen Stadt.«[7]
Um die Höfe herum konnte weiteres wirtschaftliches Leben erblühen. Die Höfe konnten Schankrechte besitzen: Wein und Bier gab es hier. Weil die Klöster zwar Tiere für Transportleistungen und wegen ihrer Häute und Felle benötigten, andererseits aber durch die Gebote der Enthaltsamkeit kaum Fleisch verzehrt wurde, kamen vielfach auch Fleischerzeugnisse auf den Markt. In manchen Städten unterhielten Zisterzienser eigene Fleischbänke (so in Hannover und München), um Geschlachtetes auf dem Markt anbieten zu können[8]. Auch verschiedene besondere Waren, wie Erzeugnisse der Glasmacherei, konnten auf die Märkte gelangen[9].
Hieran schließt sich ein aufschlussreicher Bereich von Märkten und Waren an, die nicht auf den Marktplätzen von Städten gehandelt wurden, aber dennoch perspektivisch in einem innovativen Bereich der Warenwelt zu Schrittmachern werden sollten. Vor allem kunst- und baugeschichtliche Forschungen haben wesentliche Beiträge zu deren Untersuchung geleistet. So zeigte sich, dass sich im Umfeld von Klöstern offenbar Absatzmöglichkeiten für besondere Leistungen etablierten, für die sonst entsprechende Spezialisten fehlten. Ein Indiz hierfür ist beispielsweise das Wirken bestimmter Bauhütten: Besondere Zierformen an städtischen Kirchen können anzeigen, dass hier Baumeister tätig waren, die bereits an Klosterbauten seinerzeit modernste Techniken in die jeweilige Landschaft einführten. Ein Beispiel hierfür ist die Stadtkirche St. Nicolai im brandenburgischen Treuenbrietzen. Sie zeigt »Importformengut, zu dem auch der in der Mark einmalige Vierungsturm gehört.«[10]
Wie auf dem Gebiet der Architektur konnten sich beispielsweise auch in der Buchmalerei künstlerische Erzeugnisse entwickeln, die zum besonderen Kennzeichen bestimmter Klöster wurden[11]. Zwar sind Marken, an denen bestimmte Firmen erkannt werden können, eine moderne Entwicklung industrieller Kultur. Markenrecht im modernen Sinn ist den Menschen des Mittelalters sicher fremd gewesen. Dennoch leuchten in Bauten oder auch in Buchmalereien bereits bestimmte Merkmale auf, mit denen das jeweilige Kloster eigene Akzente setzte, die durchaus im Sinne einer modernen Marke wirken konnten.
Die Beschäftigung der Mönche mit eigenen innovativen Produkten durchlebte jedoch auch schlechte Zeiten. Während im Hochmittelalter, der Zeit vieler Neugründungen von Klöstern und Städten, die marktwirtschaftliche Orientierung vieler Klöster einen starken Aufschwung erlebte, ließ später dieses Interesse nach. Dass die einst zentrale wirtschaftliche Funktion von Stadthöfen in den Hintergrund trat, könnte sich auch daran zeigen, dass zum Beispiel der einstige Hof des Klosters Zinna in der Stadt Jüterbog seit dem Ende des Mittelalters nur noch als Gastquartier des Klosterabtes gesehen und Abtshof genannt wurde, jedoch nicht mehr als eine Art Markthalle: »Im späten Mittelalter trat die wirtschaftliche Bedeutung der in Eigenregie geführten Institutionen weiter zurück; die Ausbreitung des Begriffs Abtshaus für die städtischen Niederlassungen spiegelt diese Tendenz vielleicht wieder.«[12]
Heute spielen Produkte aus Klöstern, Klostermärkte und sogar Markenzeichen klösterlicher Herkunft durchaus wieder eine Rolle. Für manche Klöster leisten sie einen Beitrag zur wirtschaftlichen Absicherung und zugleich sinnvollen Lebensgestaltung, zum Beispiel nach der Benediktusregel. In Frankreich haben die Klöster eine Schutzmarke geschaffen, um die Echtheit ihrer Produkte zu dokumentieren. Die belgischen Trappisten mit ihren Bierbrauereien gehen ebenso vor, um sich von vielen, mittlerweile weltlichen Abteibieren abzugrenzen. Für die Kunden mag der Gedanke, ein Kloster zu unterstützen, ebenso leitend sein, wie das Vertrauen auf besondere Qualität und der Zauber des genius loci: ein Stück Kloster als Souvenir mitzunehmen. Abgesehen von diesen mehr ideellen Aspekten stehen viele Klosterbetriebe heute durchaus in leistungsfähiger Konkurrenz zu ihren weltlichen Kollegen.