„Das ist der Stoff, aus dem die Träume sind…“ Wir meinen damit Situationen, die uns nicht loslassen, weil sie uns zuinnerst berührt haben. Wir wünschen uns Dauer des Schönen und Guten. Da wir diese vom Alltag nicht erwarten, wächst die Sehnsucht, wenigstens in der Traumwelt unserer Vergänglichkeit zu entrinnen. Traumstoffe sind darüber hinaus aber auch so etwas wie eine Quintessenz, die dem Dasein zugrunde liegt. Urstoffe, die wir nicht mehr explizit wahrnehmen. Wir spüren sie jedoch in der Kraft, die sie ausströmen.
Das haben Traumstoffe mit materiellen Rohstoffen gemeinsam: Sie sind so etwas wie eine Essenz, die in eine Aktualität gebracht wird. Rohstoffe kommen direkt aus der Natur. Sie sind Geschenke, die Menschen in Form bringen, um den Alltag zu verändern. Man gewinnt sie in der Urproduktion. Es sind zum Beispiel die Baumwollgespinste, die wir ernten und zu Fäden verspinnen. Diese werden dann zu einem Gewebe verflochten, das uns kleidet und schützt.
Das Wort „roh“ bedeutet unbehandelt, unverändert, ursprünglich. In diesem Sinn sind wir Menschen einander immer Rohstoffe, und unser Zusammensein verändert uns. Es kommt dabei darauf an, wie wir uns treffen. Wir sprechen davon, die Seele eines Kindes sei eine „tabula rasa“. Dieses Gleichnis kommt von der geglätteten Wachstafel der Römer, in die die Worte eingeritzt wurden. Wir Menschen sind in unserem Beginn Rohstoffe und wir prägen einander, fügen uns entweder Kratzer zu oder zeichnen einander aus. Das Muster dieser Prägungen wird unsere Individualität. Menschen, die vergeben können, vermögen es, falsche Zeichen zu überschreiben, die Muster zu ergänzen und darin heil und ganz zu werden. Sie bleiben dem Urstoff verbunden.
„Alle Geräte und den ganzen Besitz des Klosters betrachte er als heiliges Altargerät.“ Der Hinweis der Benediktsregel (Kapitel 31, Vers 10) kann uns in diesen Gedanken eine weitere Ebene öffnen. Allen Dingen liegt ein Urstoff zugrunde. Er tritt im Tun hervor: Wenn wir in Achtsamkeit und Ehrfurcht leben, lösen sich die Grenzen des Profanen und des Sakralen auf, wie an der Schwelle vom Traum zum Wachsein. Die Welt wird eins, weil die Wirklichkeit der Essenz die Unterschiede der Einzeldinge aufhebt. Heil und Heilig fallen zusammen, Schwerkraft und Gnade bedingen einander.